Buch mit Leseszeichen

Kuriose „Lesezeichen“ in der Wiener Hauptbücherei

Die Ausstellung „Hilfe, wir sind gefangen“ in der Hauptbücherei Wien bietet einen amüsanten Einblick in die Welt der Lesekultur. Das Lesezeichen wird dabei in seiner ungewöhnlichen Form in den Mittelpunkt gerückt. Zu sehen bis 15. November. 

In einer Ära, die von digitalen Geräten und E-Books dominiert wird, hat die haptische Qualität eines Lesezeichens eine besondere Bedeutung. Es ist mehr als nur ein Stück Papier oder Karton; es ist ein Kleinod, das die sinnliche Erfahrung des Lesens verstärkt und eine greifbare Verbindung zur physischen Welt bietet. Ein Lesezeichen dient nicht nur dem praktischen Zweck, die Seite zu markieren, an der man aufgehört hat zu lesen. Es ist auch ein persönlicher Ausdruck des Lesers, ein kleiner Schatz, der die Geschichte des Buches und seines Besitzers erzählt.

Kleine Anekdoten des Stadt-Alltags der letzten 20 Jahre

Mehr als 1,5 Millionen Bücher werden Jahr für Jahr in der Wiener Hauptbücherei am Gürtel ausgeborgt und zurückgebracht. Manchmal finden sich dabei kleine „Beigaben“, die als Lesezeichen gedient haben: von Kassabons, Einkaufszetteln, Pillenpackungen, Postkarten aus aller Welt bis zum Hochzeitsfoto und zur Haarspange. Es sind kleine Anekdoten des Stadt-Alltags, die sich in den zurückgegebenen Büchern verstecken. Claudia Bitter, Bibliothekarin in der Hauptbücherei, hat diese Überbleibsel seit mehr als 20 Jahren gesammelt und sortiert. Von den über 8.000 Fundstücken wird nun erstmals eine umfangreiche Auswahl in einer Ausstellung in der Hauptbücherei gezeigt. Installiert wurden die Fundstücke dort, wo sie hingehörten – in Büchern. Aus den an die Wand gehefteten Werken ragen die Fundstücke.

Claudia Bitter und Sebastian Kraner, die Gestalter der Ausstellung. © Stadt Wien/Büchereien

Ferienplan, Grippegruß aus Bremen und mahnende Worte

So findet sich ein handgeschriebener Urlaubsplan mit „spannenden“ Anregungen: „2. Aug. Zentralfriedhof, 3. Aug. Grillen, 4. Grinzing, 11. Salsa …“. Oder kulinarische Ratespiele: „1 kg Erdbeeren,
750 g Mascarpone, 500 g Magertopfen, 120 g Staubzucker, 40 Biskotten“. Was sich wohl daraus machen lässt? – Und was wollte Gisela mit ihrer Karte mit den Bremer Stadtmusikanten ausdrücken? Ein Gruß von einer erkälteten Frau: „Vor drei Tagen bin ich gegen Grippe geimpft. Jetzt hat es mich erwischt.“ Auch handgeschriebenes Saures bekommt manch einer ab: „Jedes Mal wenn ich hier bin, tue ich nur putzen! Hast du am Wochenende irgendwann einmal geputzt? Deine Schlapfen sind im Bad, habe ich waschen müssen, weil sie so dreckig waren. Die ganze Wohnung ist immer dreckig!“

„Hilfe, wir sind gefangen“ zeigt „Lesezeichen“ aus 20 Jahren. © Stadt Wien/Büchereien

„Hilfe, wir sind gefangen – Aus der Welt der Fundstücke, die in den Büchern zurückblieben“
15. Juli–15. November 2024
Mo.–Fr., 11–19 Uhr, Sa., 11–17 Uhr
Am 10.10.2024 findet um 19 Uhr eine Lesung mit Ausstellungsgespräch statt.
Hauptbücherei Wien
Urban Loritz-Platz 2a, 1070 Wien
buechereien.wien.gv.at

 

 


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